PETZE-Institut Pressemitteilung

PRESSEMITTEILUNG: Kinder erleiden Missbrauch da, wo jetzt niemand (mehr) hinsieht!

Die aktuelle PKS 2019 verzeichnet einen Anstieg von sexuellem  Missbrauch und eine dramatische Steigerung von Kindesmissbrauchsdarstellungen im Netz zum Vorjahr. Die digitale Welt ist aktuell wichtiger denn je. Aber sie hat auch gefährliche Schattenseiten. So ist die Sorge groß, dass in der Corona-Krise die Dunkelziffer noch weiter ansteigt.

Kiel, 03.04.2020. Die Analyse der kürzlich veröffentlichten Polizeilichen Kriminalstatistik zeigt einen erneuten Anstieg von sexuellem Missbrauch um +10,9 % zum Vorjahr. Zudem gibt es besorgniserregende Hinweise, dass sich in Ländern, die schon länger eine Ausgangssperre haben, die Fälle von Gewalt in der Familie während der Zeit der dortigen Isolation verdreifacht hätten (Quelle UBSKM). Das betrifft ganz besonders Kinder und Frauen.

„Bei allem Schrecken über den Anstieg der angezeigten Fälle, freuen wir uns darüber, dass immer mehr Mädchen und Jungen über den Missbrauch sprechen und Erwachsene bereit sind hinzuhören, hinzusehen und zu handeln, denn auch das zeigt der Anstieg der angezeigten Fälle“,

so Ursula Schele, Geschäftsführerin der PETZE.

„Ein großes Problem in der jetzigen Isolationssituation zu Hause ist nun die steigende Gefahr, Gewalt und Missbrauch zu erleben und niemand sieht hin“,

so Schele weiter.

„Jetzt ist es besonders wichtig, die Familien nicht allein zu lassen, denn Probleme, die niemand mehr sieht, sind große Probleme für die Betroffenen, gerade in der Krise“.

Präventionsmaterialien zum Download

Um gerade auch in Krisenzeiten Kinder stark gegen sexuellem Missbrauch und Gewalt zu machen, hat das ECHTE SCHÄTZE-Team der PETZE Präventionsmaterialien und Geschichten vorbereitet, die online auf der PETZE-Homepage runtergeladen werden können.

Dazu Pia Zeiher, Projektleiterin für ECHTE SCHÄTZE!:

„Wir stellen kostenfrei Materialien bereit, die Kinder stark machen, allen Spaß bereiten und die Eltern ein wenig entlasten sollen. Wir möchten Eltern, Angehörige und pädagogische Fachkräfte ermutigen, diese Chance zu nutzen, jetzt die Selbstwertstärkung aktiv zu fördern. Eine Beschäftigung mit dem eigenen Körper, den unterschiedlichen Gefühlen sowie Nein sagen üben, sind nicht nur sinnvolle Beschäftigungen und Zeitvertreib, denn Prävention macht Spaß und gibt den Kindern gute Gefühle mit auf den Lebensweg“.

Damit greift PETZE die Empfehlungen vom Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung Johannes W. Röhrig auf, der mahnt, dass der Kampf gegen sexuellen Missbrauch und Gewalt konsequent weiter geführt werden müsse (Quelle UBSKM).
Auf der Webseite der PETZE können kostenlose Infomaterialien zum Thema bestellt und heruntergeladen werden: www.petze-kiel.de.

Dramatischer Anstieg  von Kindesmissbrauchsdarstellungen

Was zudem durch die PKS deutlich geworden ist, ist ein dramatischer Anstieg bei der Verbreitung, dem Erwerb, Besitz und der Herstellung von Kindesmissbrauchsdarstellungen im Netz, die nach wie vor als kinderpornografische Schriften abgetan werden. Hier stiegen die Werte im Vergleich zu 2018 um + 64,6 %.
Kinder und Jugendliche nutzen das Internet selbstverständlich, gerade jetzt, wo sie keine Kontakte zu Freund*innen in der „Offline-Welt“ haben. Über die Profile der Kinder und Jugendlichen erlangen Täter*innen wertvolle Informationen über z. B. Musikgeschmack oder Hobbys. Mit diesem Wissen können sie leicht Gemeinsamkeiten vortäuschen und darüber Nähe herstellen. Zugleich fühlen sich die Kinder oder Jugendlichen in ihren eigenen vier Wänden sicher, so dass die Schutzmechanismen, die im analogen Leben wirken, versagen. Wenn die Täter*innen erstmal Vertrauen aufgebaut haben, ist der Weg zum ersten Bild oder Video nicht mehr weit.

Was das mit der Corona-Krise und der Kontaktbeschränkung bzw. Quarantäne zu tun hat?

„Gerade jetzt gibt es für Eltern gute Argumente, ihre Kinder auch mal länger vor den Computer und das Smartphone zu setzen, wenn man schon eine ‚Rund-um-die-Uhr‘-Betreuung gewährleisten soll, aber auch weiterhin arbeiten muss – völlig verständlich“,

sagt Ann-Kathrin Lorenzen, Referentin für Prävention von digitaler sexualisierter Gewalt. „Dabei ist es dennoch wichtig, Kinder nicht unbedacht vor die digitalen Medien zu setzen, denn gerade hier schalten sich die Täter*innen in das vermeintlich sichere zu Hause ein“,

so Lorenzen weiter. Es ist davon auszugehen, dass Täter*innen die Missbrauchsdarstellungen zur Befriedigung nutzen, diese Krise auch als Chance für sich nutzen. Und Hilfsmaßnahmen versagen insbesondere jetzt, da Beratungsstellen und Jugendämter ebenfalls Kontaktverbote haben. Einige Fachberatungsstellen stellen ihr Angebot nach und nach auf eine Online-Beratung um. Die Plattform „Save me Online“ zum Beispiel bietet schon seit langem Online-Beratung an.

„Wir empfehlen, Kinder zur Auseinandersetzung mit Medien anzuregen, denn auch in vermeintlich harmlosen Spielen, in denen man gegen andere spielt, tarnen sich Täter*innen als liebe Mitspieler*innen. Auch hier haben sie die Möglichkeit, Vertrauen aufzubauen, um später in anderen Chats zu kommunizieren – außerhalb des elterlichen Aufsichtsbereichs. Außerdem sollten Eltern einen dem Alter des Kindes entsprechenden Internetnutzungsvertrag erstellen“,

rät Ann-Kathrin Lorenzen.

„Wenn die Kinder erst einmal ein Foto oder etwas sehr Intimes geteilt haben, dann ist es zu spät. Aus Erfahrungen wissen wir, dass die Kinder sich dann nicht mehr anvertrauen, aus Scham und Angst, dass die Erpressungen ‚Wenn du das jemanden erzählst, zeige und sage ich allen online, was du gemacht hast‘ eintreten.“

Eine Empfehlung, die Ann-Kathrin Lorenzen abschließend noch am Herzen liegt:

„Überlegen Sie als Erziehungsberechtigte und machen Sie auch Ihren Kindern deutlich, mit wem sie Fotos teilen; den sozialen Kontakt nicht vernachlässigen oder ein Zeichen setzen, dass es einem gut geht, indem man ein Foto von der Lage zu Hause auf Instagram, Facebook, WhatsApp und Co. postet, das ist schnell gemacht und kann fatale Folgen haben. Die zumeist männlichen Täter, kopieren die Köpfe der Kinder und setzen diese in Missbrauchsdarstellungen sog. Kinderpornografie. Eltern haben keine Chance dies nachzuverfolgen. Es gibt kaum Eltern, die von diesem Missbrauch wissen, da sich keine Personen aus dem Umfeld, geschweige denn Sie selbst auf solchen Seiten oder dem Darknet bewegen“.

PETZE-Institut für Gewaltprävention gGmbH
Ann-Kathrin Lorenzen
Dänische Straße 3-5
24103 Kiel
Tel.: 0431-92333
ann-kathrin.lorenzen@petze-kiel.de
www.petze-kiel.de

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